31. August 2012


Tampere. Ich bin in Helsinki geboren, und meine Familie zog hierher erst als ich 10 Jahre alt war und in die dritte Klasse kam. Aber hier ging ich größtenteils in die Schule, bekam die ersten lebenslangen Freundschaften und hier habe ich das Abitur gemacht und studiert. Auch nach den Jahren in Berlin war Helsinki, die einzige Großstadt hierzulande, in meinen Augen keine Option, sondern ich kehrte zurück nach Tampere. Hier habe auch Nachwuchs bekommen.

Wenn ich heute gefragt werde, wo ich herkomme, sage ich: aus Tampere. Man weiß ja nie, was im Leben als nächstes passiert, aber zumindest jetzt denke ich, ich werde in Tampere auch bleiben, denn es lässt sich gut leben hier. In Tampere ist das Leben easy und hier fühle ich mich zuhause.

29. August 2012

Kyynärö, Luopioinen. Beginn: 11.34 Uhr; Strecke: 69,90 Km; Dauer: 72 Minuten und 30 Sekunden; Wartezeit: 13 Minuten, 9 €; insgesamt 119,70 €. Hier in der Pause in Rautajärvi.


Virrat. Beginn: 17.12 Uhr; Strecke: 114, 60 Km; Dauer 79 Minuten; Preis: 176,10 €.


Waffenstillstand mit Frau Fortuna: Ich bin gestern und heute wieder raus aus der Stadt gekommen und an beiden Tagen einen ordentlichen Umsatz eingefahren: 324 € und 228 €,  und dabei war die Schicht heute von halb sechs morgens bis halb drei nachmittags, was eigentlich keine vielversprechende Schicht ist, weil sie beginnt, wenn alle noch schlafen und endet, bevor es richtig losgeht in der Stadt (und am Uniklinikum natürlich auch). 

Ein weiteres Thema an beiden Tagen waren Deutsche. Zwei Männer aus einer Bautruppe, die überall in Europa Apple-Geschäfte nach einem bestimmten Muster aufbaut, fuhr ich zur Arbeit gestern und heute. Ein netter Zufall, denn wir hatten nichts ausgemacht, sie hatten ganz einfach Taxi von unserer Zentrale bestellt und beides Mal mich erwischt.


Als ich in Luopioinen im Café Elotähkä beim Kaffee saß, überhörte ich eine deutsche Dame. Unfassbar! Ich meine, ich weiß, dass die Deutschen die reiselustigste Nation der Welt ist, und auch ich bin an den kuriosesten Stellen in Europa auf Deutsch angesprochen worden, aber Rautajärvi in Luopioinen! Respekt. Vielleicht lag es daran, dass das Café von innen viel gemütlicher war als was man von seiner äußeren Erscheinung hätte erwarten können und das Buffet mit Suppe lecker und -vor allem- günstig wirkte...

26. August 2012

Einen Dreck hat Frau Fortuna gestern für mich getan. Wenn nicht, dann eben nicht. Ich änderte meine Strategie, fuhr in die Stadt und machte am Ende Feierabend mit einem  akzeptablen Resultat.

Neil Armstrong ist tot. Ich denke, ihr wisst das schon. Ich stand am Bahnhof als die Nachricht am späten Abend auf Twitter kam. Zu der außerordentlichen Errungensschaft dieses zurückhaltenden Amerikaners kenne ich einen Witz:
"That's one small step for man, one giant leap for mankind."
Nach seinem allerberühmtesten Line hat Armstrong noch was gemurmelt, so behaupten zumindest einige, aber was das war, oder ob er wirklich etwas gesagt hat, blieb lange unklar. Und Armstrog schwieg - bis er dann Jahre später einem Journalisten zugab, er habe tatsächlich noch etwas gesagt:
"Congratulations, Mr Johnson!"
Mr Johnson? Wer ist das denn? Dann sagte der Astronaut: Weil fast alle Beteiligten bereits tot sind, kann ich Ihnen diese Anekdote wohl erzählen. Warum auch nicht? Als ich noch klein war, spielten wir Baseball im Hausgarten von den Eltern eines meines Freundes, als der Ball wieder einmal im Garten Johnsons landete. Ich kroch vorsichtig rüber, um ihn zu holen. Als ich unter den offenen Fenster zum Schlafzimmer gekommen war, überhörte ich wie Frau Johnson zu seinem Mann sagte:
"Du möchtest geblasen werden? Ich werde dich blasen, sicher - wenn der Mensch auf dem Mond steht!"

Wer aufgepasst hat, der hat gemerkt, dass in dem ersten Zitat "man" und "mankind" eigentlich das gleiche bedeuten und der Satz deshalb wenig Sinn macht. Und das sagte Armstrong wortwörtlich am 20. Juli 1969 aus der Entfernung von 385 000 Kilometern von der Erde vor etwa 500 Millionen Fersehzuschauernda ist kein Fehler von meiner Seite aufgetreten. Später sagte er, dass in seinem ursprünglichen, gut durchdachten und mehrere Male geübten Satz "a man" steht, wie es eigentlich heißen soll. 

Die Welt hat ihm verziehen, denn die Umstände waren ja etwas außerordentlich. Also mache ich jetzt daraus auch keine größere Nummer. Aber ich denke, dieses kleines Missglück Armstrongs im entscheidenden Moment erinnert uns schön daran, dass auch in seinem größten Triumph ist der Mensch nicht vollkommen.

Einen wunderschönen Wochenbeginn an alle!

25. August 2012

Es ist okay, wenn ich keine dicken Fahraufträge nicht mal angeboten bekomme, aber wenn sie ablehnen muss, weil eine Kundin sich schon auf die Rückbank hingesetzt hat, das tut weh.Gester wurde mir über den Datafunk eine Tour nach Isojoki angeboten, aber da die Dame bereits ihr Ziel genannt hatte, habe ich mich korrekt verhalten und die Tour von locker 250 € abgelehnt und die Dame nach Korkinmäki gefahren: 17,50 €, bitte schön! Zum Glück hat sie kein Wort über das Wetter gesagt.

Jetzt stehe ich wieder am Uniklinikum und erwarte, dass Frau Fortuna ihren gestrigen Mist wieder gut macht.

24. August 2012

Ich rede manchmal gerne und viel und bin so fern eine Rarität unter den Tampereer Taxlern, von denen die meisten sehr sparsam mit den Worten umgehen. Das bedeutet also, dass es in Tampere einen Fahrer gibt, der immer lächelt und einen, der immer redet. Stellt euch das mal vor! Der reine Horror. Denn beides sind wirklich keine Eigenschaften in einem Taxler, die Zuversicht in der Kundschaft erwecken. Ganz im Gegenteil: Warum quatscht er dauernd? Will er mich ablenken oder was? Und er grinst ja so die ganze Zeit! Ich werde doch verarscht hier! Aussteigen, schnell!

Aber ich sagte ja MANCHMAL. Mittlerweile habe ich es satt mit der geringen Themenauswahl, die derzeit im Taxi zur Sprache kommt: "Guck mal, es regnet wieder!" Und dann geht's los, wie es sooooo kalt über den ganzen Sommer hinweg war und wie es ohne Ende geregnet hat. Und deshalb fühlte sich der Urlaub auch nicht wie ein richtiger Urlaub. Und dann die Griechen - Boah, die Griechen! -die gehören doch alle gegen die Wand. Alle. Und die Spanier auch. Alle. Ist doch unser Geld. Blaa blaa. 

Das zweite Thema begegnet man nicht so oft wie das erste, aber immerhin oft genug.

Es wird mir deshalb immer warm ums Herz, wenn ich heute an einen Fahrgast zurückdenke, den ich vor zwei oder drei Sommern nach Kristiinankaupunki fuhr. Es war eine lange Tour, die fast drei Stunden dauerte, und trotzdem fiel während der Fahrt kein einziges Wort. Nichts. Erst kurz vor dem Ziel sagte er zu mir: 
"Nach links da vorne."
Das war alles. In drei Stunden. Hier oben muss man wirklich ab und an mal Stille ertragen können. Wenn nichts gesagt wird, ist das lange kein Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmt. Aber wenn jemand die ganze Zeit ohne einen scheinbaren Grund plaudert, dann fragt man sich garantiert: Was ist das denn für ein Clown? Der ist doch nicht normal. Die Devise lautet heute wie damals: "Reden ist Silber, Schweigen ist Gold".

20. August 2012


Am Samstag gingen zwei Fahrten hinter einander vom Uniklinikum zum Krankenhaus Valkeakoski, beide im Wert von Rund 80 €


... und am Sonntag war ich wieder unterwegs: Nastola, 227 €


Man sagt, Taxen seien gute Wirtschaftsbarometer. Diese Behauptung begründet man oft mit dem Argument, geht es der Wirtschaft gut, haben auch die Taxen mehr Arbeit, weil z.B. Geschäftsleute mehr unterwegs sind, und weil die Bürger Arbeit haben und ihre eigenen finanziellen Aussichten positv einschätzen. Und wenn es der Wirtschaft bergab geht, wird es auch weniger mit dem Taxi gefahren. Logisch.

Nun, was ich dabei besonderes "barometrisch" finde, ist nicht nur das, wieviele Touren die Taxen fahren, sondern auch das, wo die Taxen stehen und woher sie ihre Aufträge bekommen. Ich habe nämlich bemerkt, dass Autos, die noch vor Kurzem fast ausschließlich von Flughafen und Bahnhof aus fuhren, stehen nun alle am Uniklinikum oder an Ständen, in deren Nähe sich Altersheime o.Ä. befinden. Bei uns werden Kranke und Senioren hauptsächlich auf Kosten der Gemeinden oder des Staates befördert.

In der Rezession (unsere Zentralbank hat uns für die kommeneden Monate die Leviten gelesen) sind viele Branchen auf den öffentlichen Sektor angewiesen, der Schulden macht, kräftigt investiert und so die Inlandsnachfrage anzukurbeln versucht. In schlechten Zeiten liegen viele Unternehmen auf der Tasche der Gesellschaft, und zu denen zählen freilich auch die Taxen.

17. August 2012



In dieser Woche bekam ich wieder in jeder Schicht eine etwas längere Tour. Die waren im Wert von 180 €, 135 € und 128 €. Die letzte Summe war das Ergebnis einer Fahrt nach Längelmäki. Davon habe ich leider kein Foto, aber ich denke, inzwischen glaubt ihr mir schon, wenn ich erzähle, dass ich eine Super-Tour erwischt habe. Um mein unglaubliches Glück mal zu unterstreichen, erwähne ich noch, dass als der Herr, der nach Längelmäki wollte, dabei war, die Autotür zu öffnen, wurde mir durch den Datafunk eine Fahrt nach Sastamala angeboten, die ich ablehnen durfte.

Ich werde erst morgen wieder arbeiten, habe jezt also anderthalb Tage frei. Ich fahre gleich mit den Kids nach Nokia zur Bad Eden, und da die Mutter meiner Kinder mit ihren Freunden ausgehen will, erwarte ich auch einen recht angenehmen freien Abend. Das ist, wenn die Kinder im Bett sind, versteht sich.

Zum Schluss möchte ich euch noch einen Blick in die Seelenlandschaft des finnischen Mannes ermöglichen. Ich denke, meine bloggende Nachbarin "Schmauseline" kann bestätigen, dass dieses Bild zumindest halbwegs das richtige ist. Hier gehts los, mit englischem Untertitel. 

Schönes Wochenende!

14. August 2012

Die Schule hat gestern begonnen. Davon profitieren auch die Tampreer Taxen, denn ein Teil der Schüler werden mit dem Taxi auf Kosten der Stadt in Schulen gebracht. Taxen, die Schüler befördern wollen, müssen laut Gesetz mit einem Alkometer ausgestattet sein. Alle Taxen sind das nicht, und deshalb dürfen in dieser Woche die, die einen haben, auch außerhalb der festgelegten Fahrzeiten arbeiten, damit keine Engpässe in Schülerbeförderung entstehen. Und was machen diese Geier? Die kommen ja auf Arbeit, aber lehnen dann in der Regel Schülefahrten ab, und fahren lukratievere Touren vom Bahnhof, Flughafen und Uniklinikum.

Eine Story zu der etwas anderen Geschichte, oder die Alternative, wie man eine sich anbahnende oder schon angekommene Krise zu managen versucht. 

Er stieg in mein Taxi ein am Bahnhof. Er war meines Alters, verheiratet mit drei Kindern, Haus und drum und dran. Die Frau war sehr nett, er hatte sich an sie gewöhnt. 10 Jahre waren sie schon zusammen. Aber er liebte sie nicht mehr. Als sie eines morgens im Bett ihm näher gekommen war, hatte das in ihm nur negative Gefühle geweckt. So war es schon lange gewesen. Er ging fremd. Und war schon mal erwischt worden. Aber nur einmal. Erwischt, heißt das, fremdgegangen war er schon öfters. Loslassen konnte er nicht. Er liebte ja seine Kinder über alles. 
"Aber du weißt ja, wie es ist."
Ja, das wusste ich. Am Ziel blieb ich noch kurz stehen und sah zu, als diese unglückliche Figur in ihr Haus stolperte. Ich wusste ganz genau, wie das war, wenn das kleine Etwas fehlte. Aber seinen Weg hatte ich nicht gehen wollen.

10. August 2012

Ich hatte in dieser Woche eine Kundin an Board, die alles dem Arbeitsleben geopfert hatte. Jahrelang rund um den Globus zu den unterschiedlichsten Meetings geflogen, Strategien entwickelt und sogar eigenes Unternehmen gehabt. 

Jetzt war sie in ihren Fünfzigern und im Frühjahr ohne Vorwarnung - so kommt das ja immer- an Leukemie erkrankt. Die härteste Phase der Behandlung hatte sie überstanden und es ging ihr schon besser. Kinder hatte sie keine. Es war damals eine bewusste Entscheidung gewesen, jetzt aber das Einzige, was sie im Leben richtig, richtig bereute.

8. August 2012

Ich war gestern eine Wohnung besichtigen, aber ich lehnte sie ab. 2 Z. + Küche, 65 Quadradmeter, 641 € monatlich inkl. Wasser. An sich OK, aber Erdgeschoss, teilweise unterirdisch, sehr dunkel. Habe gleich schlechte Vibes bekommen, wenn ich das einmal so modern ausdrücken darf. Bin gewiss kein Feng Shui-Mensch, aber ich finde trotzdem, dass bei der Wohnungssuche der Gefühlsaspekt schon zu berücksichtigen ist. Also, nein, danke.

Auch die Mutter meiner Kinder fand meine Entscheidung völlig nachvollziehbar. Schließlich will sie mich nicht möglichst bald in irgendeine unterirdische Hölle schieben, auch wenn sie allen Grund dazu hätte. Also warte ich, bis ich etwas anderes finde.

7. August 2012

Das Ren ist wirklich nicht besonders clever.


Fluss Teno gegen Mitternacht beim Dorf Dalvadas. Hier fließt er wesentlich ruhiger als in seinen unteren Teilen, wo mein Saisonauftakt stattfindet.


Fjell Rastigaisa auf der anderen Seite in Norwegen. Was mich immer begeistert in Lappland, sind die Schatten von Wolken, die über die Gebirge hinweg ziehen. 


Wieder bei der Arbeit.


... und es wurde noch besser.



Wieder da. Wer meine Tweets heute gelesen hat, der weiß bereits, dass ich wieder einen richtig guten Arbeitstag hatte. Vier Touren und mehr als 450€ Umsatz. Ich möchte meine Super-Touren hier im Blog weiter nicht kommentieren, denn ich weiß auch selber nicht, wie das möglich ist. Aber ich genieße sie einfach, solange der Glückszug anhält. Er wird schon ein Ende haben irgendwann.

Mehr als 300 Tage bis zur nächsten Lachssaison. Hart. Bevor es so weit ist, werde ich hoffentlich meinen Magister in Germanistik und Anglistik in der Tasche und entsprechende Lehrtätigkeit gefunden haben. Bis dahin fahre ich Taxi. Mir wurde eine Wohnung  angeboten, keinen halben Kilometer entfernt von hier. Ich gehe sie morgen besichtigen. Schön. Aber das bedeutet auch, das der harteste Tag meines Lebens noch kommt: der Tag, wo ich meinen Kindern sagen muss, dass der Papa auszieht. Mir wird allein beim Gedanken übel. Aber mit der Mutter meiner Kinder will ich keinen Tag mehr verbringen.