18. Mai 2009


Aussicht vom Stand 15 (Lapinniemenranta) auf Näsinneula-Turm und Pispala

Seitdem die Läden wieder sonntags geöffnet sind, fährt man auch SOTE-Fahrten von und zu den großen Automärkten rundum das Stadtzentrum. Bisher wurden die sonntägigen SOTE-Fahrgästen fast ausschließlich entweder zu ihren Verwandten oder zu irgendwelcher religiösen Gemeinschaft gefahren. Es waren nicht viele Kunden unterwegs. Aber mit den Sommeröffnungszeiten der Geschäfte ist auch für die Taxen mehr Arbeit vorhanden als zuvor. Prima, denn die Taxen leben auch sehr schlecht vom Geist allein!

17. Mai 2009

Ich habe jetzt zwei Nachtschichten hinter mir und eine Tagesschicht beginnt gleich um 13 Uhr. Ganz normale Kunden, keine schönen Geschichte diesmal. Ich fahre Taxi jetzt seit einem halben Jahr. Und erst jetzt bin ich mit den Tampereer Straßennamen einigermaßen vertraut geworden und finde die Zieladressen ohne Navi. Zugegeben, Tampere ist keine europäische Metropole, aber verdammt viele Adressen haben wir auch. Und wenn ich die Zieladresse problemlos finde, bin ich mit mir selbst zufrieden und merke oft, dass auch der Fahrgast meine gewerbsmäßige Leistung schätzt. Es ist Frühling, und wie es bereits erwähnt wurde, versuchen die Finnen nach der Polizeistunde zu Fuß nach Hause zu kommen. Gestern kommt mir gegen fünf Uhr morgens eine Gruppe von jungen Männern so um die 20 Jahren in Kalevankangas entgegen. Plötzlich winkt einer und ich halte an. Er hat's satt vom Laufen und will, dass ich ihn nach Mekaniikanpolku nach Hervanta fahre. Okey. Die anderen drei wollen laufen. Das ist eine Strecke von über sechs Kilometern! Ich fahre mit meinem Kunden ab. Ich hätte das gleiche getan wie er. Wenn man 20 Jahre alt ist, glaubt man im Besitz von überirdischen Kräften zu sein. So muss es auch sein. Mit der Zeit gibt diese wunderschöne Glaube jedoch nach und man merkt, dass man immer öfter in ein Taxi steigt.

12. Mai 2009

Ich bin letztes Wochenende nicht gefahren. Als ich vor einem Monat meine Schichten auswählte (ja, ich darf das noch!) habe ich mir überlegt, dass nach dem 1. Mai die Leute sowieso pleite sind und sich von der intensiven Sauferei der letzten Zeiten erholen müssen. Ich könnte mich auf ganz andere Dinge konsentrieren, einfach mal mein Leben genießen. Und das ganze Wochenende über habe ich dann gerätselt, ob ich mit meinem Kalkül richtig lag!Wie ätzend! Und jetzt, wenn ich weiß, dass ich am kommenden Wochenende wieder fahre, kann ich es kaum noch warten, in die Freitagnacht losdüsen zu dürfen und zu sehen, was es da alles zu sehen gibt. Taxifahren geht definitiv unter die Haut!

4. Mai 2009

Es war nichts los in der Stadt gestern und vorgestern. Doch das Wetter war schön an beiden Tagen, und es war recht angenehm Fenster offen am Stand zu stehen, Zeitung zu lesen und sich vom milden Wind streichen zu lassen. Geld habe ich dabei nicht sehr viel verdient, aber ganz umsonst habe ich auch nicht arbeiten müssen. Ich bin immer sehr gerne am Stand 50 oder 6 gestanden, neulich habe ich mich aber immer häufiger am Stand 15 oder 5 gefunden. Wer weiß warum. Stand 5, Busbahnhof in funktionalistischem Stil aus dem Jahre 1938

1. Mai 2009

In der Nacht zum 1. Mai habe ich das Schlimmste vermeiden können. Nur vorübergehend habe die Innenstadt besucht, danach fuhr ich hauptsächlich Kunden vom Stand 50 in die westlichen Stadtteile, bis eine Fahrt mich in den Osten brachte. Danach ging es vom Stand 6 aus immer Richtung Osten fast bis zum Schichtsende. Im Zentrum sah es in den Morgenstunden aus wie nach einem Rock-Festival: überall lagen leere und zerbrochene Flaschen, Müll und Essensreste verstreut. Wirklich schade, dass ich keine Kamera mitgenommen hatte.

Zwei der schönsten Fahrgäste überhaupt waren ein Ehepaar, das ich gestern zum Zentrum fuhr. Kurz nach neun Uhr stehe ich vorm Badehotel in Lapinniemi. Eine Frau und ein Mann steigen ein. Sie haben gerade gut gegessen und wollen jetzt über Tammelantori in die Innenstadt, um mal zu sehen, wie es dort zugeht. Während der Fahrt berichten sie mir, dass sie aus Orivesi herkommen und heute ihren 49. Hochzeitstag feiern. Goldene Hochzeit feiert man also nächstes Jahr, wenn nichts Radikales vorkommt. "Aber das glaube ich nicht", meint der Herr, "Scheidungen sind verdammt teuer." Wir lachen uns tot. Ich setze sie vorm "Tillikka", Keskustori 2, ab. Noch dieses Mal hat die Fahrt 12 € gekostet, nächstes Jahr fahre ich sie umsonst.

Vom Stand 13 werde ich kurz darauf zum "Ohranjyvä", Näsilinankatu 15, bestellt. Es ist noch warm und die Kneipentür ist offen. Meine Ankunft wird hinter der Theke notiert, und eine junge, hübsche Kellnerin kommt zu mir und sagt, dass ein älterer Herr gleich kommen werde. Okey, alles klar. Ich schlage die Uhr an. Bald geht die Wagentür auf und ein Mann steigt ein. Er ist vielleicht Mitte 40. Ein älterer Herr!? Welch ein Glück, dass ich mir bereits eine Frau angelacht habe, denn in weniger als zehn Jahren würde auch mein Wert auf dem Beziehungsmarkt ins Bodenlose stürtzen! Wie depremierend! Dem Fahrgast, der am Ringfinger keinen Ring trägt, erzähle ich natürlich nichts davon, dass obwohl er noch glaubt, jung und frisch zu sein, ist er bereits von Fachkundigen analysiert worden und seine Aussichten sind nicht gut.