28. September 2012

Kreuzung Vaasantie/Mustajärventie in der Nähe der Gemeindegrenze zwischen Parkano und Jalasjärvi


Wer lange Touren ungerne fährt (solche Fahrer gibt es auch), hätte meine Schicht gestern nicht gemocht: Orivesi, 69 €; Vammala, 87€ und gleich nochmal Vammala, 90€; und zu guter Letzt Seinäjoki, 281,90€.

Am 23. Juni, als Juhannus, Mittsommerfest gefeiert wurde, kamen auf dem Kreuzung im Foto zwei Menschen ums Leben und ein weiterer wurde schwer verletzt, als ein Krankenwagen, der im Einsatz war, das Mopedauto zweier Jugendlicher, das von Mustajärventie auf Vaasantie kam, mit Tempo 150 anfuhr. Die Jugendlichen kamen sofort ums Leben und der Fahrer des Rettungswagens wurde schwer verletzt. Das Sommerhaus von den Eltern der Mutter meiner Kinder (boah, es wird langsam kompliziert!) ist keine zwei Kilomerter von der Stelle entfernt. Wir hörten die Alarmfahrzeuge, und als wir in Nachrichten vom Unfall erfuhren, sank die Stimmung schon in den Keller. Für die Eltern und fürs Dorf war das ein harter Schlag. Drei Monate später brennt an der Kreuzung Nachts immer noch eine Kerze.

22. September 2012

Gestern um Mitternacht war ich erster in Koskikatu, als ein leicht angetrunkener Herr herankam. Er hatte einen Rucksack und eine Plastiktüte bei sich, kam von einer Firmenparty und wollte nun mit seinen Kollegen weiterfeiern. Aber die Wechselklamotten im Rucksack und in der Plastiktüte mussten zuerst entsorgt werden. Für diesen Zweck war Taxi bestens geeignet.
"In der X-Str. 2 steht ein Nissan mit der Nummernschild YYY-111. Fährst du bitte meinen Gear dorthin und setzt ihn einfach mal neben das Auto? Sind 25 € OK?"
25 € waren völlig in Ordnung. Er bezahlte im Voraus und gab mir seine Visitenkarte für den Fall, das Geld würde dann doch nicht reichen. Sollte es weniger werden, dürfte ich den Rest behalten. Ich fuhr los. Am Ziel tat ich wie gebeten und machte die Uhr bei 20,80€ aus. Auftrag erledigt.

19. September 2012

Frage: Wie ist das Frühstück eines finnischen Geschäftsmannes in Tallinn? Antwort: Burana 400 und Irina 500. Mit Burana 400 ist eine Kopfschmerztablette gemeint und mit Irina - hmm, ich sag's lieber nicht, ihr könnt euch das schon denken.

Die Schriftstellerin Sofi Oksanen (die hatte ich übrigens schon mal an Board), deren Mutter aus Estland und Vater aus Finnland stammt, schreibt über die estischen Frauen und ihr Leiden während des 2. Weltkriegs und den Sowjetzeiten. Sie hat sich inzwischen wirklich einen Namen gemacht. Aber sie hat leider den Esten wieder eine Opferrolle zugewiesen, was wenig zu der Tatsache tut, dass bei uns die Esten nicht besonderes beliebt sind.

Die Haltung der Esten ist eine Mischung vom Opfersein, aus den Sowjetzeiten stammende Ist-mir-egal-es-gehört-doch-alles-dem-Staat-Mentalität und Überlebenskamfp in einer neoliberalistischen Dschungel-Gesellschaft, die in den 1990ern die marode Planwirtschaft ersetzte. Was aber in den beiden Wirtschaftsmodellen zu der hohen Kunst des Überlebens gehörte, war und ist das Verarschen der höheren Instanzen, denen man irgendwelche Unterdrückung vorwerfen konnte. Das haben alle, die aus dem ehemaligen Ostblock stammen, gemeinsam. Sofern sind sie alle immer noch "Sowjets". So behaupten zumindest viele Finnen. Opfer, die Null Verantwortung tragen und immer versuchen, alle zu verarschen.

Besonderes gerne verarschen die Esten uns Finnen, wohl wegen unseres sehr viel höheren Lebensstandards und der extrem arroganten Haltung dem feinen Brudervölkchen gegenüber. Auf Baustellen wird gefutscht, unsere Gesetze werden auf keiner Weise respektiert, Schwarzarbeit, Drogenhandel, Nutten, etc.

Und was macht der anständige Finne? Er bildet sich ein, was Feineres zu sein, nur weil er mehr Geld hat, und so gründet er Tochtergesellschaften in Steueroase Estland, verlegt Produktion dorthin und beutet die billige Arbeitskraft endlos aus, finanziert die Drogenhandel und Prostitution, und in Tallinn besäuft und benimmt er sich wie ein Tier und beschimpft zu guter Letzt noch die angeblich dummen Esten. 

Das, was die Menschen auf beiden Seiten des Finnischen Meeresbusens im Alltag erleben, ist etwas völlig anderes als das, was in der Öffentlichkeit gesagt wird. Ich fürchte, mit der andauernden Krise in Europa, wo das Geld nun neu verteilt werden muss, verschärft sich der Ton zwischen den Esten und den Finnen. 

Schade eigentlich.

13. September 2012

Heute zum ersten Mal seit Ende Mai in der Uni. In der Bücherei fand ich ein in gewisser Hinsicht relevantes Buch im Regal stehen, von dem ich gedacht hatte, es wäre in bessere Verwaltung gekommen. Aber sieh an! Da stand es. Ich war verblüfft. Dieses Buch gehörte einmal mir, ich hatte es mir erworben, aber ich wäre eigentlich froh gewesen, wenn ich es heute nicht gefunden hätte. Jetzt steht es wieder bei mir im Regal, dieses Buch, mit dem ich nun irgendwie gar nichts mehr anzufangen weiß.

Ich muss bald ein halbes Dutzend Essays abgeben, und dann gibt es noch den Rest von dem Magister. Ab nächster Woche dreht sich mein Leben um Unibibliothek, Mikrofilmarchiv, Taxifahren und Bett. Klingt wirklich sehr verlockend, nicht wahr?

10. September 2012

Des Chefs neuer Mercedes in Kuortane. Das Bettellicht wird wohl noch durch ein finnisches ersetzt.


Die erste Tour am Freitag ging vom Bahnhof in Tampellan esplanadi 7. Der Fahrgast war ein Student, der Billigwein in einer Plastiktüte hatte und auf Party ging. Versprochen war versprochen, und ich fuhr ihn gratis ans Ziel. Ich erzählte ihm auch warum. Diese vorgetäuschte Großzügigkeit eines Geiers hat anscheinend Frau Fortuna gut gefallen, denn heute gönnte sie mir eine hübsche Fahrt im Wert von 278,50 € nach Alajärvi

Ich wollte eigentlich in dieser Woche gar nicht arbeiten. Aber ihr wisst ja, wie es ab und an mal ist: "Money talks and bullshit walks." Ich habe eine Wohnung gefunden und brauche zusätzliches Geld für die Kaution. Also werde ich in dieser und in kommender Woche mehr fahren als ich ursprünglich plante. Die Bude darf ich bald auch besichtigen, hoffe ich jedenfalls.

5. September 2012


View Zielorte in a larger map


Ich habe heute die letzte Schicht mit dem alten w211 gefahren, der den Kilometerstand von 552 400 erreichte. Wertarbeit die Kiste, muss man schon sagen. Es gab nie irgendwelche Probleme. Aber jetzt ist der neue E-Klasse Mercedes endlich da und ich darf ihn in Betrieb nehmen am Freitag. Der Chef ist ein dermaßen bescheidener Mensch, dass er das selbst nicht tun will. Um das Glück für den neuen Wagen zu versichern, werde ich den ersten Kunden umsonst fahren, das macht man tradiotionell hier. Nein, natürlich nicht vom Uniklinikum aus, aber immerhin. 


Ich hoffe, dass der neue Wagen genau so viel Glück hat wie der alte. Wo ich mit dem alten überall schon mal war, habe ich auf die Landkarte markiert. Ich habe aus der Erinnerung nur Orte hinzugefügt, die so weit waren, dass der Betrag zumindest ein Mal höher als 80 € war. Deshalb fehlen da z.B. Kangasala, Ylöjärvi Nokia und Hämeenkyrö. Wieviele Male ich am jeweiligen Ort ungefähr war, ist in der Text-Sektion.



4. September 2012

Virrat:

Beginn: 12:49 Uhr
Strecke: 114 Kilometer
Grundgebühr: 5,70 €
Taxa1: 172,20 €
Wartezeit (Apotheke): 14 €
Insgesamt: 191,90 €
Dauer: 109 Minuten, 4 Sekunden
Ende: 14:36 Uhr


Was das Benutzen von Bargeld angeht, lebt man in Mitteleuropa und in den nördlichen Ländern in völlig unterschiedlichen Welten. Wenn man sich beispielsweise in Österreich wagt, mir, dem König Kundenvorzuschlagen, Bares aus dem Geldautomaten zu heben, damit bei der Begleichung der Rechnung möglichst wenig Kosten zu Last des Hotels kämen, wäre bei uns sogar ein kleines Geschäft, wie z.B. ein Kiosk, ohne einen Kartenleser undenkbar. Es würde nicht von heute auf morgen überleben, denn die Menschen würden dorthin gehen, wo der Service stimmt. Zum guten Service gehört das Leben des Kunden möglichst bequem zu machen und nicht das allerwichtigste in der Kaufhandlung, nämlich die freiwillige Übergabe der abgemachten Summe, zu behindern. Das ist nur dumm. Ein entspannter Kunde mit guter Stimmung macht auch Geld locker.

Man kann das Ignorieren von Bargeld auch zu weit treiben. Genau das hat meines Achtens meine Bank getan. Die Filialen von Nordea Bank nehmen landesweit Bargeld nur von 10 bis 13 Uhr entgegen. Alle tun nicht einmal das. In Tampere gibt es nur zwei oder drei Filialen, die überhaupt Bargeld annehmen und von denen nur eine den ganzen Tag lang von 7:30 bis 17:30 Uhr. Und dabei soll es sich um ein GELDinstitut handeln!


Heute in Virrat musste ich unbedingt Bargeld loswerden. Blöderweise hatten sie keinen Kassendienst mehr, denn es war fast schon 15 Uhr. Aber eine der Damen war so nett, dass sie die Vorschriften ihres Arbeitgebers für einen Moment bei Seite ließ und ich durfte 200 € auf mein Konto einzahlen. Für sowas muss man im heutigen Finnland dankbar sein. Unglaublich!

2. September 2012



Herrn Murphy kennt ihr alle? Ich auch. Obwohl ich gestern versuchte, im Stadtgebiet zu bleiben, steuerte ich den Mercedes in frühen Morgenstunden durch den Regen Richtung Pälkäne. Es war dunkel, wie man es in der Stadt gar nicht kennt, und das Licht von den Scheinwerfern wurde von der nassen und schwarzen Straße gefressen. Das Fernlicht half auch wenig, weil es so heftig regnete, dass eine weiße Wand vor meinen Augen entstand, sobald ich das Fernlicht einschaltete. Super, dachte ich mir, es fehlt nuch noch der Elch.

Aber was konnte ich machen? Die drei Herren waren am Bahnhof bei mir eingestiegen und ihr Ziel mit einem Wort angegeben:
"Pälkäne."
Da sie nicht versucht hatten, den Preis herunterzuhandeln und ich hatte das Gefühl bekommen, sie seien anständige, zahlungskräftige Bürger, hatte ich keinen Grund gehabt, mich zu verweigern. Also fuhr ich sie nach Pälkäne. Um sonst brauchte ich das natürlich nicht machen. Am Ende wurde daraus eine Fahrt von 77 €, was meinen Umsatz in die Höhe trieb, und als ich um halb sechs Schluss machte, war ich 387 Kilometer verfahren und hatte dabei 538,40 € verdient - ohne einen Elch angefahren zu haben.

Eine Kuriosität passierte gestern auch noch. Ich fuhr einen jungen Herren in Pellervonkatu 24. Vor dem Hochhaus bezahlte er und stieg aus. Und im gleichen Moment kam ein Auftrag über den Datafunk durch: Pellervonkatu 24. Im Prinzip wäre es erlaubt gewesen, die Uhr gleich anzumachen, aber da ich wusste, die Kundschaft ginge davon aus, es würde eine Weile dauern, bevor ein Auto da wäre, wartete ich, bis sie aus dem Haus kamen und bei mir einstiegen, und startete den Taxameter erst dann. Mensch, ich bin so ein netter Kerl manchmal!

1. September 2012

                                             




Bei uns gewinnt dieses Verkehrszeichen enorm an Bedeutung im Frühjahr und erneut zu dieser Jahreszeit. Darauf soll wirklich geachtet werden, angenommen man will im Straßenverkehr überleben. 

Die Elche wandern von ihren Winterreviren zu Sommerreviren und wieder zurück. Im Frühjahr verlassen zusätzlich die Jähringskälber ihre Mütter und im Herbst findet die Brunft statt und die Jagd beginnt, was alles dazu beiträgt, dass tausende orientierungslose Tiere über die Straßen laufen. 2011 geschah in Finnland 1195 Unfälle mit Elchen, bei denen 3 Menschen starben und 115 wurden verletzt. Ein Unfall mit einem Elch kann tödlich sein, denn seine Beine sind so lang, dass der Körper recht passend in der gleichen Höhe mit der Frontscheibe ist, wodurch ein 300 Kilo schweres Vieh auch recht fix in die Kabine kommt, wenn man es mit Tempo 100 erwischt.

Mich hat es letztes Jahr beinahe erwischt. Es war dunkel und ich fuhr auf einer Landstraße in Lempäälä als ich plötzlich glaubte, etwas auf der linken Seite gesehen zu haben. Meine sofortige Reaktion war zu bremsen, und in weniger als fünf Meter Entfernung rannte eine riesige Elchkuh an meinem Auto vorbei. Ich musste auf der Straßenseite anhalten, tief einatmen und warten, bis der Adrenalinrausch vorbei war. In 10 Minuten war ich wieder OK und fuhr weiter. 

Auch wenn ich sehr zielbewusst den langen Touren hinterher bin, tue ich das im Frühjahr und im Herbst nur tagsüber. Nachts vermeide ich Uniklinium, denn meine Zukunftspläne sehen ein näheres Kennenlernen mit einem Elch auf einer dunklen Landstraße nicht vor.