25. Oktober 2010

2 x nach Vaasa

Der kleine blaue Punkt auf dem Rückweg von Vaasa nach Tampere

Endlich mal ein freies Wochenende gehabt. Und das hat wirklich gut getan! Ich versuche jeden Monat mindestens ein Wochenende frei zu behalten, sonst wird es nichts. Es gibt nur Ärger, vor allem zu Hause. Taxifahren ist ein Beruf, der viel Zeit in Anspruch nimmt, und die "falschen Zeiten" sozusagen auch noch. Wenn alle anderen Feierabend machen und sich mal etwas gönnen, schuften die Taxifahrer, immer abends und an Wochenenden, immer an Feiertagen. Möchte die Frau mit dir ausgehen -kommt heute wirklich nicht allzu oft vor, aber wenn, dann wäre es doch sehr nett, wenn du sie manchmal, sagen wir mal, ins Theater begleiten könntest -aber nein, du musst ablehnen, weil du zu arbeiten hast. Oder wenn die Kinder mit seinem Vater am Samstagvormittag spielen wollen, stößt auch ihr Wunsch auf Ablehnung, weil der arme Papi die vorige Nacht Taxi gefahren hat und jetzt schlafen muss, bevor die nächste Schicht beginnt. Kaum eine Ehe hält diese Arbeit auf Dauer aus.

Zum Titel: immer Freitags -vorausgesetzt ich beginne meine Schicht früh genug- versuche ich mein Glück am Uniklinikum. Letzte Woche war ich am Abholen eines älteren Mannes in der Dialyse-Abteilung der Erste-Hilfe-Station, als das Handy klingelte. Vetter meines Chefs war dran. Er arbeitet beim Uniklinikum als Speditionschef o.ä., und wollte nun wissen, ob ich auf Rechnung des Uniklinikums einen Patieten nach Vaasa fahren würde. Klar doch! Ich habe den Opa eiligst zu seinem Ziel befördert und stand 20 Minuten nach dem Telefonat in der Abteilung, wo der Patient auf mich warten sollte. Aber er war nicht da! Die Krankenschwester hatten ihm die Zahlungsverpflichtungen in die Hand gedrückt, woraufhin er gegangen war und wahrscheinlich den ersten Wagen vom Stand genommen hatte. Und die Damen waren nicht auf die Idee gekommen, dass die Papiere keine offenen Zahlungsverpflichtungen waren. És hätte ja sein können, dass der Preis dieser Patientenbeförderung bereits ausgehandelt worden war und nicht den üblichen Tarifen entsprach!

Enttäuscht ging ich zurück zu meinem Wagen, der vor dem Ausgang stand. Kleiner Trost war es, dass der Stand fast leer von Taxen war und ich gleich Dritter wurde. Zwei minuten später war dann ein Auftragsangebot auf dem Touchscreen des Datafunkes: Frau X.X. sollte von der Augenklinik nach Vaasa befördert werden! Ich habe kaum meine Augen geglaubt! Und doch war es wahr. Es wurde eine schöne Fahrt von knapp über 354 €.

Es waren drei Tampereer Taxen um die gleiche Zeit in der Richtung unterwegs. Mit einem Fahrer war ich bereits befreundet, und er hat mich dann auch angerufen, nachdem er seinen Fahrgast losgeworden war. Ich fragte ihn, ob sein Fargast Herr X.Y. hieß und Papiere vom Uniklinikum bei sich hatte. Ja, hieß er und hatte er gehabt! Ich erzählte meinem Kollegen, was passiert war, versicherte ihn aber, dass jetzt alles OK war, weil auch ich noch eine dicke Fahrt erwischt hatte. Und mehr noch: Jetzt war ich wohl der einzige Taxler, der jemals innerhalb von dreißig Minuten zwei Fahrten von Tampere nach Vaasa angeboten bekommen hatte!

6. Oktober 2010

Grüße von der Spitze der Welt! Wie allgemein bekannt, ist Finnland  das beste Land der Welt. Das weiß mittlerweile auch die US-Zeitschrift Newsweek, das uns die Bestnote gegeben hat, vor allem wegen unseres überlegenden Schulsystems. Was geht das denn mich an? Na ja, ich hatte die Ehre, eine vierte Klasse einer unserer weltbesten Schulen in das neue Schuljahr zu leiten, als ich zwei Monate lang als stellvertrendender Klassenlehrer vor den Kindern stand.

Aber die ganze Zeit dachte ich mir, dass irgendetwas stimmt in unserem Paradies nicht. Zwar sind wir gebildet, leben in einem ausgeprägt sicheren und wunderschönen Land, aber saufen (der Pro-Kopf-Konsum reinen Alkohols liegt bei mehr als 10 Litern) und  sterben massenweise durch Gewalttaten, während die glücklichsten Menschen der Welt in Dänemark leben.Was geschieht mit uns eigentlich, und warum?

Taxi habe ich gefahren wie gewöhnlich, wobei ich einmal feststellte, dass das olle Funkgerät doch genial ist. Bestellungen und alles laufen heute über Datafunk, aber der alte Funk ist manchmal sehr nützlich, vor allem wenn man nich weiß, wo was liegt oder was  in der Stadt so läuft. Man kan jederzeit Kollegen fragen und die helfen immer  gerne. In der Samstagnacht fragte ich sie beispielsweise über Funk, ob eine Massenheiratsveranstaltung (rund sechzig Paare haben in einer Kirche währed einer Nacht geheiratet) in dieser Nacht stattfand. Sofort kam die Antwort:

Kollege 1: -Nee, das war bereits gestern. Bist zu spät.

Ich: -Schade.

Kollege 2: - Aber wenn du deine Braut noch ein Jahr warmhalten kannst, wird die Heiratsnacht nächstes Jahr wieder stattfinden.

Kollege 3: -Richtig, im Juni, das hat die Gemeinde bereits bekanntgegeben.

Ich: - Okey, werde ich mir merken.

Nach einer kurzen Pause meldete sich noch eine dunkle Stimme zu Wort:

Ich würde mir das Ganze noch mal überlegen...