27. Mai 2012


Fremdgehen. Mein Chef rief mich heute an und fragte, ob ich eine Tagesschicht fahren würde. Sein ehemaliger Fahrer hat jetzt eigenes Taxi und bräuchte dringend einen Fahrer für morgen. Für die Nachtschicht fünde er schon jemanden. Hmm, warum eigentlich nicht? Morgen werden wir dann sehen, ob ich tatsächlich Freude am Fahren habe.



Feiertag gestern. Mit den Kids haben wir den Vergnügungspark Särkänniemi besucht. Obligatorisch war auch der Besuch auf dem 168 Metern hohen Turm Näsinneula. Der Turm wurde zwischen 1970-1971 errichtet. Baubeginn war am 6. Juni 1970. Der Turmschaft selbst wurde in 33 Tagen von einer ungarischen Bautruppe in Kletterbauweise betoniert. Die restlichen Bauarbeiten dauerten noch bis zum Frühjahr des daraufhin folgenden Jahres. Der Turm wurde am 1. Mai 1971 eröffnet. Zu Beginn war das Bauvorhaben sehr umstritten, 41 Jahre später ist Näsinneula das bekannteste Wahrzeichen der Stadt.

25. Mai 2012

Mal in Lammi. Nicht extrem weit weg, aber doch eine nette Tour von 140€.

Morgenstunde am Bahnhof. Die Welt wird erklärt kurz bevor der Zug aus Helsinki anrollt.

22. Mai 2012

Ein Penner wie ich soll seinen Mitmenschen auch Gutes tun. Ich spende Blut in regelmäßigen Abständen. Heute ist wieder ein Spendetag. 

Auf geht's!

20. Mai 2012

Meine Nachtschicht gestern, Beginn 21.30 Uhr:

- Koskipuisto - Nachtclub Seurahuone. Ein altes Paar, der Herr Maler mit einem Stetson, aber strich nur Wände.

- Bahnhof - Park Koskipuisto. Zwei stockbesoffene Idioten.

- Stand Koskipuisto - Jänislahdenkatu 6. Ein Ehepaar, er schlief ein, sie ignorierte dies und redete weiter als würde er immer noch zuhören.

Stand Koskipuisto - Kneipenschiff "Suvilaiva". Vier Herren, Arbeitskollegen.

- Keskustori - Tesomajärvenkatu. Geschwister, Rund 60.

- Pyynikintori - Korvenkatu 32. Ein junges Paar, sprachen kein einziges Wort.

- Stand am Warenhaus Sokos - Auto Ollanketo. Ein Herr wollte seine Freundin retten, die nach ein paar Gläsern zu viel nicht mehr Fahrrad fahren konnte.

- Hotel Ilves - Sorinkatu. Eine Dame und und ein Herr, wollten zu zweit zum Büro, wo am späten Abend niemand mehr war.

- Hotel Ilves - Hotel Cumulus Hämeenpuisto. Zwei Damen, wegen eines Sportevents in der Stadt.

- Stand am Warenhaus Sokos - Nokia. Ein Paar mit Hot Dogs in der Hand. Bitte, nicht im Auto essen. Unterwegs stellte sich heraus, dass sie ein junges Couple waren: Er musste bald verreisen, hatte aber nicht so recht Lust weg von ihr zu gehen. Ja, dann sollte er vielleicht nicht gehen. Sie wolle ihm natürlich nichts untersagen, so 'ne Frau sei sie nämlich nicht, aber vermissen würde sie ihn doch schon, falls er ginge... Oh ja, diese Geschichte kenne ich.

- Keskustori - Nokia. Ein Ehepaar meines Alters, kamen von einer Party, sie recht respektlos ihm gegenüber, er die ganze Zeit in der Verteidigung. Ehe in der Endphase.

- Pyynikintori - Iidesranta 20. Drei Herren zwischen 40 und 50 Jahren.

- Bahnhof - Käpytie - Kuormaajankatu - Korpikodinkatu. Drei junge Damen, mal ein Abend ohne die Herren.

- Bahnhof - Tohlopinkatu. Schwuler Mann, der seinen Freund anrief, weil er mit ihm so lange reden wollte, wie die Fahrt dauerte. Sobald wir vor seinem Haus waren, legte er auf, einfach so.

- Keskustori - Piettasenkatu 41. Noch ein Paar. Sie besoffen auf dem Hintersitz, er unzufrieden mit der Situation auf dem Beifahrersitz. Sagte aber nichts.

- Länkinotkonraitti - Torpankatu. Eine junge Frau, heim von einer Hausparty.

- Pyynikintori - Siivikkala. Eine nette Frau Mitte 30. Angetrunken aber lustig.

- Keskustori - Resiinankatu - Liutunkatu. Drei Arbeitskollegen vom Rettungsdiest, zwei Damen und Herr. Harte Arbeit, harte Freitzeit: die konnten kaum noch laufen.

- Bahnhof - Järvensivuntie. Ein Herr wegen eines Junggesellenabschieds seines Freundes in der Stadt.

- Kirkonmäenkatu 15, Verstaankatu. Zwei Herren von einer Firmenparty kommend.

Die Zeit 05.40. Feierabend mit einem Umsatz von 402 €.

18. Mai 2012

Die erste und gleich die netteste Tour heute ging vom Universitätsklinikum zum Stadtkrankenhaus in Hatanpää. Eine Frau, Mitte 30, hatte einen Untersuchungstermin vom Uniklinikum bekommen, aber blöderweise hatten sie vergessen, ihr mitzuteilen, dass die Untersuchungen im Stadtkrankenhaus durchgeführt würden und nicht dort, wo sie jetzt war, nämlich bei der Uniklinik für Radiologie.

Ich fuhr sie eiligst an den richtigen Ort. Es war eine gute Fahrt. Wir redeten ziemlich viel. Natürlich war sie sauer auf das Krankenhauspersonal und meinte, sie sollten wenigsten für die Kosten der Taxifahrt aufkommen. Dafür bräuchte sie eine Quittung von mir. Da ich die Quittung möglichst ausführlich ausfüllen wollte, fragte ich sie nach ihren Namen.
"Susanna."

Mein Stift blieb stehen. Wie nett! Im Bruchteil der Sekunde verstand sie, dass meine Frage nicht so gemeint war. Sie korregierte sich selbst rasch und gab mir ihren Familiennamen, den ich in die Quittung auch eintrug. Ich gab ihr die Quittung und wünschte ihr noch eine bessere Fortsetzung für den Tag.
"Danke, gleichfalls. Obwohl dein Tag bestimmt sowieso gut laufen wird."

Dann öffnete sie die Tür und stolperte aus dem Wagen. Alter, sagte ich zu mir selbst, bist möglicherweise nicht der attraktivste Mann auf dem Planeten, aber ganz hoffnungslos bist du auch wieder nicht.

16. Mai 2012

Trennung. Ein Faktum. Zunächst mal ein Witz dazu:

Ein Mann geht zur Spielzeugabteilung im Warenhaus, da er seiner Tochter eine Barbie-Puppe zum Geburtstag schenken will. Im Regal stehen zahlreiche Modelle in verschiedenen Outfits. Alle sehr hübsch und kosten nur 19,98 €. Aber eine der Puppen hat dicken Bauch, sieht müde und alt aus und kostet ganze 199,99 €. Der Mann erkundigt sich bei der Verkäuferin:
"Können Sie mir erklären, warum diese heruntergekommene, hässliche Barbie so viel mehr kostet als die jungen, hübschen Puppen?"
Die Verkäuferin feilt ihre Fingernägel ungestört weiter und antwortet:
"Klar. Wenn Sie diese Barbie kaufen, bekommen Sie auch Kens Haus, Auto, Boot..." 
So schlimm wird es bei uns wohl nicht kommen. Erstens besitzen wir kaum etwas. Außerdem verstehen wir uns momentan besser als seit langem. Was mich die Trennung kosten wird, klären wir im August. Kommt wie es kommt, es ist nur Geld. Hauptsache, wir kriegen es mit dem Umgangsrecht hin und ich sehe meine Kinder möglichst oft.

15. Mai 2012

Vorgestern war Muttertag. In tausenden Familien öffneten die Mütter Geschenke und ließen sich davon überraschen, was die Klassenlehrerin sich dieses Jahr hatte einfallen lassen. Am Tag zuvor erzählte mir eine Frau strahlend, wie die Lehrerin für Textilarbeiten in der Schule, die ihre Kids besuchten, Jahr für Jahr dieselbe Nummer zum Muttertag mit den Kindern durchzog mit der Folge, dass sie nun drei fast identische Topflappen hatte. Aber was soll's, hinterher hat's Kaffee und Kuchen gegeben und alle waren glücklich.

Urlaub steht vor der Tür. Den ganzen Monat Juni habe ich freigenommen. Herrlich! Pläne für die Tour d'Allemagne kristallisieren sich langsam auch: Berlin, Wittenberg (Lutherhaus u. Augusteum), Regensburg (mittelalterisches Zentrum u. Weltenburger Kloster), München (BMW-Welt), Zell am See (Großglockner) -liegt in Österreich, ich weiß ja-, Stuttgart (Daimler, Porsche), Oberes Mittelrheintal, Hamburg, Kopenhagen (Tivoli), heim.

Versteht sich von allein, dass BMW, Porsche, Tivoli u.Ä. wünsche der Jungs sind und der Papa sich nur für den alten Kram interessiert...

11. Mai 2012

Früher erwähnte ich schon mal, dass der misstraurische Taxler immer suspektiert, dass die Frauen in der Zentrale das Verteilen der Fahraufträge manipulieren. Müssen sie doch, denkt er; wie denn sonst bekommen immer die anderen die guten Aufträge und ich nicht? Es fehlt nur der Beweis. Wie wäre es hiermit:

Ich habe Geburtstag am Ende dieses Monats. Letztes Jahr stand ich zu Beginn dieses fröhlichen Tages am Stand in Lamminpää. Dort ist normalerweise nichts los, aber einige Fahrer, darunter auch ich, hatten herausgefunden, dass zweimal pro Woche morgens eine krebskranke Frau mit dem Taxi nach Turku reiste, wo ihr Blut komplett ausgetauscht wurde. Nach der Operation kam sie mit dem selben Auto zurück. Da könnte schon einiges zusammenkommen. Bezahlt hat die KELA, unsere nationale Versicherungsanstalt.

Da stand ich und genoss die Morgensonne und steigende Temperatur und wartete, als fünf vor halb acht ein Wagen hinter meinem auftauchte. Mist! Im gleichen Moment war der Fahrauftrag auf dem Bildschirm meines Boardcomputers: Hin- und Rückreise nach Turku + höchstens 6 Stunden Wartezeit. Na geht doch! Ich fuhr los. Kurz nach meiner Ankunft im Hof der Frau kam sie angerannt und meinte, die Abholzeit wäre doch erst in zehn Minuten gewesen und ich habe sie überrascht.

Moment mal, dachte ich mir. Sobald ein zweites Auto zum Stand fuhr, bekam ich frühzeitig einen Super-Fahrauftrag, und das noch zu meinem Geburtstag? Alles nur Zufall? Wirklich? Wir waren zehn Stunden unterwegs. Am Ende war es ein Tag von einer einzigen Tour und einem Umsatz von 477 €. Bedanken kann ich mich bei niemandem, denn ich kann leider nichts beweisen.

8. Mai 2012

Ein Post zu der etwas anderen Geschichte. Der 100. insgesamt.

Jahrelang trug ich den Ring. Zehn Jahre drückte er meine Haut. Seitdem ich ihn nicht mehr trage, fühlt sich die ganze Hand irgendwie anders, viel leichter. Aber die Haut im Ringfinger ist noch nicht ganz abgeheilt. Wenn man genau hinsieht, kann man da noch einen dunklen Streifen sehen. Die Haut wird heilen, aber dass der Finger noch einen Ring sehen wird, halte ich momentan für unwahrscheinlich.

Reden? Probleme aufarbeiten? Beziehungstherapie? Nein danke. Ich glaube, wir Finnen sind romantischer gesinnt als viele andere, die viel und gerne reden. Der alte Witz über ein finnisches Ehepaar lautet: Nach 60 Jahren Ehe fragt die Frau, ob der Mann sie noch liebt. Er:



"Ob ich dich liebe und ob ich dich liebe! Muss ich die ganze Zeit von der Liebe schwärmen? Als ich dich heiratete sagte ich schon mal, dass ich dich liebe. Weißt du noch? Wenn ich dich nicht mehr liebe, dann sag' ich dir bescheid."

Wenn eine Beziehung zu Ende geht, teilt man das Vermögen, notfalls mit einer Kettensäge, kämpft im Gerichtssaal bitter um die Kinder und geht getrennte Wege. Das ist hart, aber danach ist wieder freie Bahn, das Leben beginnt neu. Ich meine, wenn die Gefühle nicht mehr da sind, sind sie eben nicht mehr da. Das viele Reden bringt sie nicht zurück. Muss man die Frust und den Ärger, den man für die andere Hälfte nur noch hat, zur bloßen Erduldung aufarbeiten und alle Ewigkeit in einem selbstgebauten Gefägnis leben? Es kann keine schlimmere Qual geben!

Also sprach der Zwilling...

Meine eigenen Eltern waren bis zum Tod meines Vaters zusammen. Als ich einmal bei denen zu Besuch war, war meine Mutter nicht zu Hause. Ich fragte den Alten, wo sie war. Seine Antwort:

"Woher soll ich das wissen? Hoffentlich noch am Leben."

5. Mai 2012

Die Eishockey-WM? Interessiert mich nicht. Spielt man doch jedes Jahr. Ein Wettbewerb, den wir in Eishockey hätten gewinnen müssen, war 2004 der Word Cup of Icehockey, der früher ganz einfach Canada Cup hieß. Leider unterlagen wir den Kanadiern im Finale knapp mit 3-2. Dieser Sieg wäre etwas Besonderes gewesen, denn in diesem Wettbewerb sind jedes Mal die Besten der Besten dabei.

Die Fußball-Europameisterschaft 2012 ist meines Achtens das wichtigste Sport-Event des Jahres. Aber es gibt doch die Affäre Timoschenko! Sie sitzt im Knast. Hmm, das ist echt Scheiße. Aber vielleicht nimmt man es in ihrem Fall nicht so genau mit den Vorschriften und sie bekommt auch einen Fernseher...

4. Mai 2012

Plenum. Ein Wort, das ich lange nicht mehr gehört oder gar selbst benutzt habe. Ein Wort, bei dem es mir des öfteren kalt über den Rücken lief, damals, in den Häusern Ecke Marchstr. 23/Einsteinufer 41. Ein Plenum konnte sich zu einem wirklich horrorhaften Erlebnis entwickeln. Vor ei paar Tagen bekam ich eine E-Mail von einer Freundin in Berlin. Sie wohnt in einem ehemaligen besetzten Haus in SO36 und schrieb mir hinsichtlich meines Besuchs im kommenden Juni, dass sie das Gästezimmer buchen und mich auf dem Plenum ankündigen wird. Oder besser gesagt uns ankündigt, denn es sind meine Jungs, mit denen ich eine kleine "Tour d'Allemagne" mache. Vom 1. bis 6. Juni sind wir in Berlin.

In der Arbeit war gestern eine Nacht der dicken Bücher. Nix los und null Bock.

1. Mai 2012




Indentitätsfragen zum 1. Mai. Hier oben ist 1. Mai neben der Arbeiterklasse auch ein Tag der Studenten, vorwiegend Hochschulstudenten. Alle, die das Abitur machen, bekommen als Zeichen für ihre Leistung eine weiße Mütze, "Ylioppilaslakki". Diese Mütze trägt man traditionell zum 1. Mai. Ab in die Universität ging es früher nach dem Abitur, und deshalb hat das Tragen dieser Mütze noch heute ein akademisches Flair, obwohl die meisten nach dem Abitur woanders als in einer Hochschule studieren. Rund 60 % der Jugendlichen gehen übrigens hier aufs Gymnasium und fast 90% von denen packen auch das Abitur.

Zu meinen Berliner Hausbesetzerzeiten besuchte ich regelmäßig die "Revolutionäre 1. Mai Demo" und hier (Bildgallerie Der 1. Mai in Berlin). Yo, war nix mit der weißen Mütze damals! Aber Spaß hat's gemacht, bis unser besetztes Haus dann langsam von Innen zusammenbrach, der Frust kam und ich  zu mir selbst sagte: In dieser Bewegung, mit diesen Leuten mach' ich nicht mehr mit. Danach war ich bis zu meiner Rückkehr nach Finnland die meiste Zeit nur noch so dicht, dass man diese Periode kaum mit dem Wort "leben" bezeichnen kann.

Heute Nachmittag setzte ich meine weiße Mütze wieder auf und fuhr in die Stadtmitte wie zigtausende andere Stadtbewohner auch. Ich wußte, was ich war und wo ich herkam: Sohn eines Restaurantbetreibers und einer Krankenschwester, Vater, akademisch ausgebildet, bald finnische Mittelschicht, aber mit einem sehr ungewöhnlichen Lebenslauf. Damit meine ich nicht nur die Zeit in Berlin. In meiner Vergangenheit gibt es noch ein Haufen andere Dinge, die man als ungewöhnlich bezeichnen könnte. Dazu vielleicht ein anders Mal mehr.

Ach ja, fast vergessen: Ich bin auch Taxifahrer. Kein ganztägiger und gewiss nicht für immer, aber dennoch. Ich bin eigentlich sehr stolz auf diesen Job. Mit dem Taxifahren verdiene ich mein Lebensunterhalt und kann für meine Kinder sorgen. Außerdem gewinne ich dadurch gewisse Freiheiten: Ich brauche keinem Behörden berichten, wie ich lebe und wofür ich Geld ausgebe. Ich habe das Geld selbst verdient und mache damit, was ich will. Das ist der Hauptgrund, warum mir kein Job zu klein ist, und einer der vielen Gründe dafür, dass ich momentan Taxifahrer bin.