1. Mai 2012




Indentitätsfragen zum 1. Mai. Hier oben ist 1. Mai neben der Arbeiterklasse auch ein Tag der Studenten, vorwiegend Hochschulstudenten. Alle, die das Abitur machen, bekommen als Zeichen für ihre Leistung eine weiße Mütze, "Ylioppilaslakki". Diese Mütze trägt man traditionell zum 1. Mai. Ab in die Universität ging es früher nach dem Abitur, und deshalb hat das Tragen dieser Mütze noch heute ein akademisches Flair, obwohl die meisten nach dem Abitur woanders als in einer Hochschule studieren. Rund 60 % der Jugendlichen gehen übrigens hier aufs Gymnasium und fast 90% von denen packen auch das Abitur.

Zu meinen Berliner Hausbesetzerzeiten besuchte ich regelmäßig die "Revolutionäre 1. Mai Demo" und hier (Bildgallerie Der 1. Mai in Berlin). Yo, war nix mit der weißen Mütze damals! Aber Spaß hat's gemacht, bis unser besetztes Haus dann langsam von Innen zusammenbrach, der Frust kam und ich  zu mir selbst sagte: In dieser Bewegung, mit diesen Leuten mach' ich nicht mehr mit. Danach war ich bis zu meiner Rückkehr nach Finnland die meiste Zeit nur noch so dicht, dass man diese Periode kaum mit dem Wort "leben" bezeichnen kann.

Heute Nachmittag setzte ich meine weiße Mütze wieder auf und fuhr in die Stadtmitte wie zigtausende andere Stadtbewohner auch. Ich wußte, was ich war und wo ich herkam: Sohn eines Restaurantbetreibers und einer Krankenschwester, Vater, akademisch ausgebildet, bald finnische Mittelschicht, aber mit einem sehr ungewöhnlichen Lebenslauf. Damit meine ich nicht nur die Zeit in Berlin. In meiner Vergangenheit gibt es noch ein Haufen andere Dinge, die man als ungewöhnlich bezeichnen könnte. Dazu vielleicht ein anders Mal mehr.

Ach ja, fast vergessen: Ich bin auch Taxifahrer. Kein ganztägiger und gewiss nicht für immer, aber dennoch. Ich bin eigentlich sehr stolz auf diesen Job. Mit dem Taxifahren verdiene ich mein Lebensunterhalt und kann für meine Kinder sorgen. Außerdem gewinne ich dadurch gewisse Freiheiten: Ich brauche keinem Behörden berichten, wie ich lebe und wofür ich Geld ausgebe. Ich habe das Geld selbst verdient und mache damit, was ich will. Das ist der Hauptgrund, warum mir kein Job zu klein ist, und einer der vielen Gründe dafür, dass ich momentan Taxifahrer bin.

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