Und später in der Nacht fiel der erste Schnee.
Sie sprach mit ihren Worten die unschließbare Lücke zwischen unseren romantischen Vorstellugen von der Liebe und der Realität, in der oft Kräfte ganz anderer Art unser Handeln bestimmen, an. Sie war mit dem Typen bei mir in Koskikatu eingestiegen, und sie wollten nun gemeinsam nach Tesoma. Beide waren betrunken und kannten sich offensichlicht schon länger. Bald begann sie weinend zu klagen:
"Du liebst mich nicht. Woher weiß ich das? Du kannst nicht einmal laut sagen, dass du mich liebst. Du willst nur mit mir ins Bett. Doch. Aber ich glaube an Liebe. Und ich habe eine kleine Tochter. Wie soll ich ihr beibringen, dass es in dieser Welt Liebe gibt, wenn ich immer mit Arschlöchern wie dir rumhänge? Typen wie du zerstören mehr als ihr wisst. Verstehst du? Du hast keine Ahnung, was du alles kaputt machst! Wie soll meine Tochter je lernen, dass es Liebe gibt? Und trotzdem nehme ich dich jedesmal mit nach Hause."
Und er? Ihm ging die Pointe ganz verloren. Als er endlich am Zug war, begann er:
"Ich? Ich bin ein Arschloch? Ich kann auch aussteigen, wenn das so ist."
Super, dachte ich mir. Gleich dreimal "ich". Ein Vorzeigebeispiel, wie man anderen Leuten zuhört. Als wir dann in Tesoma eingetroffen waren, war wieder Ruhe eingekehrt. Er war doch nicht ausgestiegen und sie wollte immer noch, dass er zu ihr für die Nacht kommt. Er bezahlte mich, sie stiegen aus und gingen danach Hand in Hand ins Haus. Sie hatten sich in der realen Welt gefunden. Ich fand das romantisch. Und die Tochter? Ich war mir sicher, sie würde mit der Zeit ihre eigenen Erfahrungen mit den Männern -oder von mir aus auch mit den Frauen- machen und einsehen, dass im Liebesleben des Menschen Vollkommenheit eine Größe ist, die nicht existiert, obwohl wir zum Streben nach ihr verdammt sind.
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