31. Januar 2009

Schlechtgelaunt habe ich gestern den Wagen abgeholt. Mein Chef hatte das Geld, was nach den Vorschüssen noch übrig war, in Form von Lohnausgleich auf mein Konto überwiesen. Es fehlte Geld. Sack Zement! Es ist mir schon mal passiert, dass ich von dem Arbeitgeber abgezockt wurde. Ich vertraue keinem in Sachen Lohn und Gehalt, und hatte eine Spezifikation mitgenommen, aus der hervorging, dass die Summe X von dem Entgeld fehlte. Wir hatten uns bereits im vorigen Monat darüber geeinigt, dass er meine Urlaubsgelder monatlich auszahlt. Sofern mussten also keine unbesprochene Aspekte in der Lohnauszahlung geben. Was war dann diese mysteriöse Summe, die noch fehlte? Ich war sauer und entschlossen, keinen Meter zu fahren, bevor die Sache geklärt war. Sobald ich bei meinem Chef angekommen war, brachte ich die Sache zur Sprache. Angeblich hatte er unsere Abmachung über die monatliche Auszahlung der Urlaubsgelder vergessen. Vergessen? Das darf doch nicht wahr sein! Laut unserer neuen Abmachung behält er vorläufig meine Urlaubsgelder, bis ich sie zum von mir gewünschten Zeitpunkt auszahlen lasse. Bin ja gespannt, wie das klappen wird. Es ärgert mich ungemein, auf meinen Arbeitsgeber aufpassen zu müssen. Und die Nacht? Sie war wieder kalt und das Geschäft lief dementsprechend gut. Trinkgeld habe ich über 10 Euro bekommen, zum ersten Mal in diesem Monat.

26. Januar 2009

Mein Chef hat mich angerufen: "Hat jemand gekotzt in meinem Auto gestern?" "Ja, also, nicht direkt im Auto. Die Tür war schon offen..." Sehr früh morgens hatte tatsächlich eine junge Dame, die ich von einem Nachtklub abgeholt hatte, an einer Kreuzung ihren Magen auf den Bürgersteig geleert. Der Chef hatte am nächsten Tag im Tageslicht einige Tropfen Erbrochenes an der Türschwelle gefunden. Ich hatte sie gar nicht bemerkt. Aber er war sauer: "Diesmal ging das noch. Aber im Prinzip kostet so was Geld! Und wenn jemand auf die Sitzen kotzt, kannst du dafür 150 Euro verlangen. Die Schicht ist ja vorbei. Dann kann man doch keine weiteren Fahrgäste befördern. Und das Reinigen ist auch teuer. Das Geld gehört in der Kasse. Für kleinere Schaden kannst verlangen, was du willst. Kannst das Geld auch behalten, Hauptsache die Droschke wird sauber!" "OK, alles klar." Meine Fresse! Es gibt noch Vertrauen auf dieser Welt. Wildfremde teilen oft ein Taxi miteinander in Tampere, wenn's in die gleiche Richtung geht. Was glauben Sie, würde ein Betrunkener am Taxistand vor dem Berliner Hauptbahnhof auf die Idee kommen, zu fragen: "Hey, fährt noch jemand Richtung Pfarrstraße? Oder ob er eine Antwort bekommen würde? Aber hier geht das. Sofort würden zwei hübsche Frauen aus der Taxireihe hervortreten und mit ihm losfahren. Man ist ja unter sich.

24. Januar 2009

Es hatte ordentlich geschneit in der Nacht zum Freitag. Ganze 12 Zentimeter auf einmal. Zwar ist Schnee ein selten gesehener Gast gewesen diesen Winter, doch verursachte der Schneefall diesmal kein nennenswertes Verkehrschaos. Unfälle hat es gegeben, klar, aber hauptsächlich ist man mit Blechschaden davongekommen. Um 21 Uhr fuhr ich los, und befand mich kurz darauf am Stand 20. Mein erster Auftrag war eine SOTE-Fahrt, die mich in die Stadtmitte brachte. Am Stand 4 stieg ein leicht betrunkener Herr ein, der zum "Pispalan Pulteri" (Pispalan valtatie 23) wollte. Vom "Teatterikulma" (Hämeenpuisto Ecke Hallituskatu) holte ich zwei Vollbesoffenen ab, mit denen es nach Lukonmäki ging. Es war kurz nach 22 Uhr. Ich beschloss mich, zum Flughafen zu fahren. Es ist immer mit Risko verbunden, leer dorthin zu fahren, denn es kann leicht passieren, dass man auch leer zurück fahren muss. Oder dass die Flüge sich verspäten und man eine Ewigkeit wartet, damit man eben nicht leer zurückfahren muss. Aber heute sollten drei Flüge binnen eineinhalb Stunden mit über 150 Passagieren landen. Die täglichen Flüge mit Bedeutung für Taxler sind: Kopenhagen 23 Uhr, Helsinki 00.15 Uhr und Stockholm 00.55 Uhr. Zwischendurch landen auch ein paar Maschinen von Ryanair, aber das sind Budget-Reisende, die selten Taxi brauchen. Sie werden entweder abgeholt oder fahren mit dem Bus zum Zentrum. Ich bekam eine Vorbestellung mit sechs Euro Zuschlag, und fuhr den Kunden in die Stadt. Der Flug aus Kopenhagen landete voraussichtlich erst 01.25 Uhr. Ich fuhr direkt zurück zum Terminal 1. Drei Damen stiegen ein. Die Tour mit drei verschiedenen Adressen brachte 50 Euro ein. Das große Geschäft habe ich also am Flughafen gemacht. Danach gab es wieder das Übliche, bis ich viertel nach fünf die Schnautze voll hatte und von Peltolammi zum Shell nach Ristinarkku fuhr und den Rest der Schicht Zeitungen las.

19. Januar 2009

In der Nacht zum Samstag saß ich wieder hinter dem Lenkrad. Diesmal war das eine Kurzschicht von 21 Uhr bis 06 Uhr. Ich fahre regelmäßig für zwei Taxibesitzer. Vor drei Wochen hat ein Alkoholsünder den Wagen eines der beiden gerammt. Das bedeutete drei Wochen Zwangsurlaub für meinen Chef. Wie er später berichtete, soll Sohn gefahren und Vater daneben gesessen haben. Was manche Leute unter Qualitätszeit mit Nachwuchs verstehen! Am Freitag durfte ich endlich mit einem nagelneuen Wagen mit Kilometerstand bei 250 Kilometern losfahren. Das hat schon Spaß gemacht, denn das ist mir noch nie passiert.
Meine ersten Fahrgäste waren Deutsche aus irgendeinem Ort bei Frankfurt a.M.. Ich fuhr sie vom Bahnhof zum Badehotel "Holiday Club" nach Lapinniemi. Wir waren keine fünf Minuten unterwegs gewesen, bis sie mir erklärt hatten, dass das Problem mit den Neonazis in Deutschland erst nach der Öffnung der Grenze nach Osten schlimmer geworden war. Tja, "Öffnung der Grenze nach Osten". So kann man es wohl auch sehen.
Die wichtigste Meldung der Woche: In Utsjoki, ganz im Norden Finnlands, hat sich die Sonne am Freitag für 45 Minuten über den Horizont erhoben, zum ersten Mal seit dem 25. November.

13. Januar 2009

Mist! Die Temperaturen sind wieder bis auf + 5 Grad gestiegen. Der Schnee ist wieder weg und die Stadt ist unangenehm nass und dunkel. Also, die SOTE-Fahrten. Ich weiß nicht, ob es sie woanders gibt als nur bei uns. SOTE ist eine Abkürzung von "Sosiaali- ja Terveystoimi", Sozial- und Gesundheitswesen. In der Praxis heißt das, dass Behinderte sowie Senioren, die kaum noch sehen, oder sich nur sehr schwer bewegen können, für das Erledigen ihrer täglichen Privatangelegenheiten Taxi benutzen können anstatt Bus zum Beispiel. Und das kostet dasselbe wie der Bus. Taxen fahren normal nach dem Taxameter, aber der SOTE-Fahrgast muss nur den Preis der Busfahrkarte parat haben, der momentan 2 Euro beträgt. Vater Staat zahlt den Rest. Ich habe beispielsweise einmal einen Fahrgast in Terälahti abgeholt, 40 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Die Fahrt kostete über 60 Euro. Da Terälahti noch innerhalb des Stadtgebiets Tampere liegt, zahlte der alte Herr 2 Euro aus eigener Tasche, und der Staat übernahm den Rest. Der liebe Staat will Geld sparen immer wenn es geht, und deshalb fügt die Zentrale oft SOTE-Fahrten zusammen, sodass zwei oder drei Fahrgäste aus einer Gegend in einem Taxi sitzen. Und alle Beteiligten sind froh darüber: ich kann nach dem höheren Tarif fahren, in Gesellschaft reist sich's besser und der Staat braucht für keine drei Taxen zu bezahlen. Die Nacht zum Sonntag war wieder vom Schichtbeginn bis zu ihrem Ende voller Besoffenen. Von wegen Rezession, bei manchen Dingen bleibt das Konsumklima wohl immer stabil! Davon habe natürlich auch ich profitiert: Kasse 422 Euro.

10. Januar 2009

Die gestrige Nacht war OK. Die Schicht begann um 17 Uhr und dauerte bis 5 Uhr morgens. Hauptsächlich fuhr ich Angetrunkene zur Stadt und später nach Hause, aber zwischendurch gab es auch Geschäftsleute und sogenannte SOTE-Fahrten. Was das sind, erkläre euch ich morgen. Ich muss gleich wieder zur Arbeit. Der Höhepunkt der Schicht war, dass die GPRS-Verbindungen abstürzten und für über eine Stunde kamen alle Bestellungen über Funk durch. Die Standen haben alle Spitznamen, die man kennen muss, um zu wissen, wo man ist und ob man die Bestellung annehmen kann. Die Zentrale fragt z.B. "Heikki?" (Stand 28), und der erste Wagen in der Reihe in Hervanta antwortet mit seinem Nummer: "100". Dann gibt die Zentrale die Adresse durch, und das 100 fährt los und holt die Kunden ab. Da mussten alle wachbleiben, denn alle zehn Sekunden kam eine neue Bestellung durch. Die Verbindungen wurden bald wieder hergestellt und funktionierten auch die ganze Nacht durch. Die Temperaturen fielen in der Nacht auf -10 Grad. Heute soll es etwas wärmer werden.

4. Januar 2009

Die Nacht zum Sonntag war schon wesentlich lebendiger als die Nacht zuvor. Die war ja zum Weinen. Ich fing um 17 Uhr an und fuhr direkt zum Bahnhof, wo ich mich als achter in der Reihe anmeldete. Eine halbe Stunde später wurde ich erster. Dann ging die Tür plötzlich auf, und ein älterer Herr stieg ein. "Zu irgendeiner Schwulenbad!" "Wie, bitte?" "Ja, also Schwul, Gay, wissen Sie?" "Ja, schon. Aber..." In Tampere weiß jeder, dass die Bad in Pyynikki von Schwulen besucht wird, aber meines Wissens wurde sie gerade renoviert. Ich fragte noch mal die Kollegen über Funk, ob die Bad noch zu hatte. "Ja!", kam die Antwort sofort. Hm, jemand wusste das Bescheid. Wir fuhren zur Schwimmbad in Joukahaisenkatu, die auch zu hatte. Es reichte dem Herrn. Er wollte, dass ich ihn zum "Mixei", einem Schwulenlokal bringe.

Ich hatte etwas zu erledigen und es war bereits viertel vor acht bevor ich am Bahnhof war. Dort stieg ein Fahrgast ein, den ich nach Sorva fuhr, das hinter Nokia liegt. Vom Stand 50 aus holte dann ich zwei Männer in Santalahti ab, die zur "Pyynikin Portti" wollten, einer Kneipe in der Papinkatu Ecke Pyhäjärvenkatu. Danach ging es erstmal nach Härmälä und Olkahinen bis ich wieder am Bahnhof war. Als ich dran war, fragte mich eine Frau, ob ich es schaffen würde, in 20 Minuten nach Tammela und zurück zu fahren. "Klar, steig ein!" Sie war ausgerüstet für eine Woche Skiurlaub in Levi. Das blöde war nur, dass bei ihr zu Hause alle Elektrogeräte noch eingesteckt waren. Wir packten ihr Zeug hektisch ins Auto ein und fuhren los. In 10 Minuten standen wir Bremsscheiben glühend wieder vorm Bahnhof. Sie hat es geschafft!

Später fing es an mit den Betrunkenen, und diesmal gab es wieder alles mögliche: einsame Männer, streitende Paare, streitende schwule Paare -immer sehr dramatisch-, besoffene Wehrdienstleistende, Partyhungrige, Studenten usw.. Mit einem Fahrgast habe ich dann die ganze Fahrt nach Ylöjärvi über die Wirtschaftslage im Lande unterhalten. Ylöjärvi ist keine Stadt im wahren Sinne des Wortes, sonder eher ein riesiges Dorf mit langen Straßen und Ackern links und rechts. Die Fahrt kam irgendwie absurd vor: Es war fünf Uhr morgens, zwei Männer saßen im Taxi, das mitten im Nichts durch die dunkle Nacht fuhr, und waren sich darüber einig, dass die Aussichten der finnischen Volkswirtschaft düster geworden waren. Es fielen nur wenige Worte. Trockene Zeiten sind also angesagt für das Land. Januar ist traditionell ein harter Monat fürs Taxigewerbe, mal sehen wie er dieses Jahr wird. Für mich sind zwei Tage frei angesagt. Womöglich fahre ich eine Morgenschicht am Mittwoch oder Donnerstag, je nach Lust und Laune. Mal sehen. Am Wochenende fahre ich aber definitiv wieder.

3. Januar 2009

Es war nicht viel los in letzter Nacht. Die Schicht begann um 18 Uhr und bis 23 Uhr hatte ich ganze 40 Euro eingefahren. Mensch! Es wurde dann doch besser im Laufe der Nacht. Die wenigen Fahrten brachten durchschnittlich je 19 Euro ein, und die letzte Fahrt war die beste von allen. Ich war am Stand 6 und wurde zum Bahnhof bestellt. Ja, richtig! Der Zug von Kemijärvi sollte gleich eintreffen und zwei Fahrgaste wollten ihre Reise sofort mit einem Taxi fortsetzen. Punkt 05.45 Uhr stand ich vor dem richtigen Ausgang und schlug die Uhr an: 7,70 + 6 Euro. So ist das hier: Man kann ein Taxi im voraus bestellen für einen Zuschlag von sechs Euro. Alle Bestellungen, die 30 Minuten oder länger vor der Abfahrt gemacht worden sind, werden mit dem Zuschlag bestraft. Und das nennt man Service. Vor Ort und auf dem gewünschten Zeitpunkt darf dann der Fahrer den Taxameter anmachen, egal ob der Fahrgast schon da ist. Und meine Fahrgasten saßen noch im Zug. Der Zug rollte eine halbe Stunde verspätet an, und bevor wir losfahren konnten Richtung Nokia, waren im Taxameter bereits stolze 33 Euro. Insgesamt wurden es dann 60 Euro plus vier Euro Trinkgeld, womit ich zufrieden war, auch wenn ich die Schicht 45 Minuten verschieben musste. Feuerwehr waren im ganzen Land gut beschäftigt letzte Nacht. Wer weiß warum. Mal sehen, was die kommende Nacht mit sich bringt.

2. Januar 2009

Prost Neujahr!

Glückliches Neues Jahr! Der Winter ist endlich da. Schnee liegt auf dem Boden und Temperaturen sinken in den kommenden Tagen bis auf -16 Grad. Super! Es war ja nass und warm lange genug. Ich war hinter dem Lenkrad über Silvester. Die Schicht begann um 18 Uhr abends und dauerte zwölf Stunden. Fast pausenlos durfte ich fahren. Dabei habe ich 568 Euro entwirtschaftet. Nicht schlecht für so einen Hobby-Fahrer wie mich! Aber mal ehrlich: Wenn man den allgemein bekannten Hang unseres Volkes zum Alkohol mit eiskaltem Nordwind kombiniert, wird einem klar, dass in dieser Nacht jeder gutes Geld verdient hat, geschickter und weniger geschickter Taxifahrer.

Eine gute Tat habe ich begangen gleich zu Beginn des Jahres. Nachts werden die Leute normalerweise von Taxistanden aus nach Hause transportiert. Sie bilden also Schlangen an Standen und warten geduldig, bis sie dran sind und ein Taxi sie nach hause fährt. Dieses System unterscheidet sich von mitteleuropäischer Praxis, wo man problemlos ein vorüberfahrendes Taxi abwinken kann. Bei uns wird primär vom Taxistand aus gefahren. Na gut, kurz nach Mitternacht fahre ich dann drei junge Damen von Kaleva zum Hotel Ilves. Plötzlich fragt eine: "Kannst du uns später auch noch abholen?" "Oh, naja. Klar. Warum nicht. Punkt vier Uhr bin ich da und da und bringe euch nach Hause, okay?" Hoffentlich geht das nicht schief, dachte ich mir. Es war ja Hochkonjunktur und wer wusste schon, wo ich um vier Uhr sei. Aber bei mir lief alles wie geplant, und um halb vier habe ich einen Fahrgast zu einer Adresse in Hämeenkatu gebracht und war frei. Schnell mal Kaffee trinken gehen und dann zum Treffpunkt. Und tatsächlich kamen die Frauen mit ihren Typen. Sie waren überglücklich darüber, dass ich wie besprochen da war. Die Typen waren es übrigens auch. Ohne ihren cleveren Freundinnen hätten sie am Taxistand gestanden und sich ihren Arsch abgefroren. Am Ziel bekam ich 5 Euro Trinkgeld pro Kopf, insgesamt also 20 Euro. Ich will nicht die Bedeutung des Geldes herunterspielen, aber was hier meiner Meinung nach uns allen wirklich zählte, war das eingehaltene Versprechen.

In der Nacht fuhr ich hauptsächlich in den östlichen Bezirken und im Zentrum. Es war eigentlich eine angenehme Schicht. Auch allgemein verlief die Feier ruhig. Sinti und Roma haben sich in einem Tanzlokal geklopft, wie mir zwei Damen empört berichteten und einen Krankenwagen und Streifenwagen habe ich in Satakunnankatu begegnet, wo ein Mann vermutlich einen Schlag mit der Flasche auf den Kopf bekommen hatte. Also wirklich nichts in Vergleich zum 1. Mai, wo alle Stadtbewohner kollektiv auch den letzten Tropf der Vernunft verlieren scheinen.